Plädoyer für eine Enquetekommission "Pandemie"
Wir dürfen die Corona-Politik nicht klammheimlich unter den Teppich kehren. Das wäre fatal. Die nächste Pandemie könnte sonst unser nach wie vor immungeschwächtes Gesundheitssystem und unsere Sozialgefüge gänzlich ruinieren. Deswegen brauchen wir dringend eine Enquete-Kommission im Deutschen Bundestag, die sachlich, nicht aber inquisitorisch, die unterschiedlichen Phasen der Corona-Politik der vergangenen drei Jahre aufarbeitet, aufbereitet und uns auf kommende Krisensituationen vorbereitet.
In Deutschland, Europa und weltweit ächzen und knarzen die Gesundheitssysteme durch die letzten Wochen und Monate einer Pandemie, die uns alle unvorbereitet, wenn auch nicht überraschend getroffen hat. Wir werden noch ein paar schwere Wochen durchleiden, aber dann werden Probleme, die uns heute noch gravierend erscheinen, jeden Monat ein bisschen mehr in Vergessenheit geraten. Bis die Hölle wieder losbricht. Das kann in Form eines neuen Virus sein, das wird mit Sicherheit in Form von antimikrobiellen Resistenzen kommen. Diesem Verlauf müssen wir jetzt mit aller Kraft entgegentreten und diskutieren, reflektieren und evaluieren, damit wir im nächsten Ernstfall vorbereitet sind.
Vorbereitung braucht aber vor allem eins: Erkenntnis. Wenn wir nicht aus dem lernen, was passiert ist, werden wir wieder nur auf Sicht fahren können. Verunsicherung und Spaltung in der Gesellschaft werden stärker noch als jetzt schon um sich greifen. Im schlimmsten Fall wird nicht nur die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Gefahr sein, sondern unsere freiheitliche Grundordnung als solche. Noch immer gehen täglich Berichte über die Fehlentscheidungen während der Corona-Pandemie ein. Noch immer tauchen neue Vorgänge auf, die sich so nicht wiederholen dürfen.
Vorbereitet in den nächsten Infektionstsunami
Zuletzt zeigten die Recherche um die Kosten von PCR-Tests, das ein intransparenter und uninformierter Umgang während der Pandemie vermutlich dazu geführt hat, dass Kosten in unverhältnismäßiger Höhe entstanden, die so nicht hätten entstehen dürfen. Dazu kommen Berichte von Masken und Schutzkleidung, die in Lagerhallen vergammeln oder nicht bezahlt wurden. Ganz abgesehen von den vielleicht sogar strafrechtlich relevanten Verfehlungen von Abgeordneten der damaligen CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Auch die Schließungen von Schulen und Kitas, die Einschränkungen der Freiheitsrechte und nicht zuletzt die Impfungen müssen retrospektiv betrachtet und bewertet werden.
Klar ist, dass es dabei nicht ums Anprangern und nicht um das Aufdecken von geheimen Machenschaften geht. Nicht der Rahmen eines Untersuchungsausschusses ist adäquat. Was strafrechtlich zu verfolgen ist, soll strafrechtlich verfolgt werden. Was aber sachlich falsche oder richtige politische Entscheidungen betrifft, brauchen wir dringend eine Handreichung, die uns auf die kommenden Infektionstsunamis vorbereitet. Eine wissenschaftliche Perspektive wäre translationale Forschung zu betreiben. Das heißt, dass wir die Ergebnisse der unfreiwilligen Versuchungsanordnung dieser Pandemie nutzen, um sie in die Versorgung bei der nächsten Pandemie zu integrieren. Das ist aber nicht die Aufgabe von Wissenschaftlern, sondern von jenen, die politische Verantwortung für die Gesundheit in der Bevölkerung haben.
Nur eine sachlich wissenschaftliche Auseinandersetzung aller Maßnahmen der Pandemie wird unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft für die Zukunft resilienter machen. Viel Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wurde ausgegeben. Viel Leid mussten Bürgerinnen und Bürger durchleben. Aber auch viele Menschenleben wurden gerettet. Die Enquete-Kommission soll zur Aufgabe haben, die durch die Corona-Pandemie aufgedeckten Mängel in der Krisenfähigkeit unseres Bildungs-, Sozial-, Wirtschafts- und Gesundheitssystems sowie des gewaltengegliederten Verfassungsstaates umfassend aufzuarbeiten. Es ist nun unsere Verantwortung und Aufgabe konstruktiv kritisch diese Pandemiezeit mit einer Enquete-Kommission „Pandemie“ aufzuarbeiten.