Prof. Dr. Andrew Ullmann

Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!

„Angesichts des in der breiten Öffentlichkeit bekannt gewordenen Vollversagens der Arzneimittelüberwachung in den Ländern im Fall Lunapharm sowie im Bottroper Apotheker-Fall ist die Reaktion der Bundesregierung ernüchternd. Trotz erheblicher Vollzugsdefizite bei Anwendung unseres strengen Arzneimittelrechts reagiert die Bundesregierung auf unsere Fragen nach dem Motto: „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!” Dass es die Bundesregierung nach Bekanntwerden des Falls Lunapharm nicht einmal in Erwägung gezogen hat, einen Beauftragten nach Brandenburg zu entsenden, ist ein Skandal! 

 

Den Verweis auf den von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Referentenentwurf „eines Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ hätte sich die Bundesregierung auch sparen können. Es handelt sich in vielen Teilen um Etikettenschwindel, wie die geplanten Regelungen zu Biosimilars und zur Hämophilie-Versorgung zeigen. Es geht dort nicht um mehr Patientensicherheit, sondern reine Kostendämpfung. 

 

Auch die gesetzlichen Konkretisierungen in den Überwachungsregelungen sind reine Kosmetik. Es können keine Zweifel bestehen, dass diese Überwachungsbefugnisse so bereits vorher bestanden haben! Die Stärkung der Koordinierungsfunktion des BfArM und des PEI für Rückrufe und eine Erweiterung der Rückrufkompetenz für das BfArM selbst lösen die Probleme von Nichtüberwachung oder mangelhafter Überwachung in Ländern oder Gemeinden nicht. So sind die nächsten Fälle praktisch vorprogrammiert.  

 

Die Arzneimittelüberwachung muss grundsätzlich reformiert und vom Kopf auf die Füße gestellt werden! Wie die Vereinigten Staaten beweisen, kann eine effektive Arzneimittelüberwachungsstruktur auch auf der Bundesebene etabliert werden. Die Tatsache, dass eine mangelhafte Arzneimittelüberwachungen in einem Bundesland Auswirkungen auf die komplette Bundesrepublik haben kann, zeigt, was geboten ist. Es hilft nichts, wenn die Überwachung beispielsweise in Schleswig-Holstein tadellos funktioniert, wenn ein Importeur mit Sitz in Brandenburg auch dorthin mangelhafte oder gefälschte Arzneimittel vertreibt. Dagegen spielen für eine Bundesbehörde mit eigenen Überwachungs- und Ermittlungsbefugnissen Ländergrenze keine Rolle!